Die Ursprünge des Hofsalonwagens gehen auf einen vierachsigen Triebwagen zurück der im Jahre 1899 von der Grazer Waggonfabrik erbaut wurde. Der Einsatz erfolgte auf der im selben Jahr eröffneten und mit 550 V Gleichstrom betriebenen elektrischen Bahn Baden – Guntramsdorf. Er sollte als Versuchsfahrzeug für den geplanten elektrischen Betrieb auf der Überlandstrecke der WLB-Wiener Lokalbahnen in die Residenzstadt Wien dienen. Als die durchgehende Elektrifizierung tatsächlich in Angriff genommen wurde, fiel die Entscheidung aber zugunsten eines Einphasen-Wechselstromsystems mit 500 V / 15 Hz und lediglich auf den Stadtstrecken in Wien und Baden bestand Gleichstrombetrieb. So gab es für den, ab dem Jahre 1906 nur mehr im Ortsnetz von Baden einsetzbaren Triebwagen 200 keine Arbeit mehr, da sich dieser aufgrund der schweren Ausführung für diesen Zweck wenig tauglich zeigte. Um das relativ neue Fahrzeug mangels geeigneter Verwendbarkeit nicht der Verschrottung zuführen zu müssen, entschloss man sich im Jahre 1908 zum Umbau in einen Hofsalonwagen.
Umbau 1911
Die in der bahneigenen Werkstätte in Inzersdorf getätigten Arbeiten endeten im Jahre 1911 und umfassten im wesentlichen die Anpassung an das Aussehen der ab 1906 gelieferten Überlandwagen, wobei eine vergleichbare technische Ausrüstung zum Einbau gelangte und die Lackierung in den WLB-Farben hellblau / beige erfolgte. Anstatt der beiden Lyrabügel kam ein schwerer Berliner Dreieckbügel zum Aufbau und für den Betrieb auf den Strecken im Badener Ortsnetz waren anfänglich noch zwei Rollenstromabnehmer vorhanden. Vollkommen neu gestaltet zeigte sich der Innenraum, der entsprechend dem neuen Verwendungszweck ein äußerst luxuriöses Ambiente bot. In dieser Ausführung verkehrte er bis zum Zusammenbruch der Monarchie im Jahre 1918, vorwiegend für Angehörige des Kaiserhauses zwischen Wien und Baden.
Nach der Kaiserzeit
In der Zwischenkriegszeit erlangte Baden als Kurstadt wieder größere Bedeutung und der Tourismus erlebte einen bescheidenen Aufschwung. Diesem erfreulichen Trend Rechnung tragend setzte man den Triebwagen 200 ab 1925 als Gesellschaftswagen und für „Fahrten ins Blaue“ ein. Mit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise fand aber auch dieser Verwendungszweck ein jähes Ende und der Wagen wurde abgestellt. Im Zweiten Weltkrieg, zur Deckung des Ersatzteilbedarfes der betriebsmäßig eingesetzten Fahrzeuge, wesentlicher Bestandteile entledigt fristete er danach ein Schattendasein und an eine Wiederinbetriebnahme war nicht zu denken.
Erhaltung des Fahrzeugs
Bereits im Jahre 1954 bemühte sich der VEF – Verband der Eisenbahnfreunde um den weiteren Erhalt des interessanten Fahrzeuges. Unterstützt durch eine großzügige Spende von dessen Gründungsmitglied Herrn Alois Ployer konnte der Hofsalonwagen 200 ins Eigentum des VEF übergeführt und am 26. September 1955 im Bereich der WLB-Remise Wolfganggasse, gemeinsam mit dem Triebwagen Cmg 1607 der ehemaligen LWP – Lokalbahn Wien Pressburg, aufgestellt werden. Am 8. Oktober 1955 wurden die beiden Wagen im Rahmen einer kleinen Feier offiziell ihrem neuen Bestimmungszweck als Verbandsheim übergeben. Ab 29. Juni 1960 erfüllten sie diese Funktion im ÖBB-Bahnhof Hütteldorf-Hacking am Bahnsteig 5 Gleis 17.
Ein lange Weg bis zur Restaurierung
Ein gesicherter Unterstand konnte jedoch erst Ende der 1960er-Jahre, im Zuge des Aufbaues einer Sammlung historischer Wiener Straßenbahnwagen, gefunden werden. Ab 26. April 1969 fand der Hofsalonwagen 200 in der Halle IV des Betriebsbahnhofes Ottakring der Wiener Stadtwerke – Verkehrsbetriebe ein neues Zuhause. Inmitten der Straßenbahnwagen bildete er, infolge seiner Bauart und technischen Ausrüstung als Lokalbahntriebwagen, jedoch immer einen gewissen Fremdkörper. So bestand nach der Gründung des Niederösterreichischen Lokalbahnmuseums im Jahre 1972 die einmalige Gelegenheit den Hofsalonwagen zu reaktivieren und wieder in seinem ursprünglichen Umfeld einzusetzen. Durch ein Übereinkommen zwischen dem VEF und dem Museum konnten die erforderlichen Rahmenbedingungen für dieses ehrgeizige Unterfangen geschaffen werden.
Restaurierung
In den darauffolgenden Jahren wurde das Fahrzeug in den Werkstätten der WLB und ISTG in Inzersdorf unter maßgeblicher Förderung des Landes Niederösterreich mustergültig restauriert.
Soweit vertretbar sollte der Originalzustand wieder hergestellt werden, wobei sich dieser Grundsatz aber vor allem bei den elektrischen Einrichtungen nicht konsequent einhalten ließ, da letztendlich die uneingeschränkte Einsetzbarkeit auch auf der, seit dem Jahre 1946 mit 850 V Gleichstrom betriebenen, Überlandstrecke der WLB und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen über längere Zeit gesichert werden sollte.
Dies erforderte unter anderem den Einbau neuer Achsen und Motoren in die äußerlich original belassenen Drehgestelle, wobei die ursprüngliche Anordnung mit nur einer angetriebenen Achse pro Drehgestell beibehalten wurde. Die passenden Teile lieferten dabei die ehemaligen Wiener Stadtbahnwagen N 2717 und n 5565, die noch als Ersatzteilreserve für die bei den WLB in den 1960er-Jahren eingesetzten Stadtbahnwagen vorhanden waren. Die Schleifringfahrschalter der Type B8w verblieben rein äußerlich zwar unverändert, doch das Innenleben wich der Funktion eines Mastercontrollers der neuen Schützensteuerung. Der Innenraum musste nahezu vollständig rekonstruiert werden um wieder das gediegene Jugendstilambiente bieten zu können.
Kenndaten
Das Fahrzeug weist im rekonstruierten Zustand nunmehr folgende Kenndaten auf:
Antriebsleistung |
bei 850 V Gleichstrom |
ca. 158 |
kW |
Höchstgeschwindigkeit |
auf Überlandstrecke |
50 |
km/h |
Höchstgeschwindigkeit |
auf Straßenbahnstrecken |
25 |
km/h |
Gesamtlänge |
|
12.440 |
mm |
Fahrzeugbreite |
|
2250 |
mm |
Achsstand im Drehgestell |
|
1600 |
mm |
Drehzapfenabstand |
|
4870 |
mm |
Eigengewicht |
|
21.400 |
kg |
Sitzplätze |
|
20 |
|
Stehplätze |
|
keine |
Heutige Nutzung
Im neuen Glanz und der historischen WLB-Lackierung – hellblau/beige – erstrahlend fand die feierliche Wiederinbetriebnahme im Juli 1977 statt. Um eine freizügigere Einsetzbarkeit, auch im Streckennetz der Wiener Straßenbahn, zu erlangen, kam es in weiterer Folge zum Ersatz des schweren „Berliner Bügels“ durch einen Scherenstromabnehmer. In diesem Zustand ist der, weiterhin im Eigentum des VEF stehende, Hofsalonwagen nunmehr im Verkehrsmuseum „Remise“ der Wiener Linien ausgestellt.