Der l3-Beiwagen 1852

Der Beiwagen 1852 wurde von der Karosseriefabrik Gräf & Stift in Wien Liesing erbaut und am 21. Februar 1962 an die WStW-VB übergeben.

Anlässlich einer Probefahrt wurde der l3-Beiwagen 1852 von Christian Peschl am 16.09.2015 in der Hauptwerkstätte der Wiener Linien fotografiert.

Anlässlich einer Probefahrt wurde der l3-Beiwagen 1852 von Christian Peschl am 16.09.2015 in der Hauptwerkstätte der Wiener Linien fotografiert.

Er gehörte der 200 Einheiten umfassenden Type l3 an und war als Einrichtungswagen mit Fahrgastfluss und schaffnerbedienten elektrischen Falttüren konzipiert. Es handelt sich dabei um die letzte für die Wiener Straßenbahn gebaute zweiachsige Personenbeiwagentype. Am 22. Februar 1962 erfolgte die Stationierung im Betriebsbahnhof Speising für den Einsatz auf der Linie 62.

Im Laufe seines relativ kurzen Daseins wurden folgende Umbaumaßnahmen vorgenommen:

Juni 1966 Ausrüstung für den schaffnerlosen Betrieb bei Gräf & Stift:
Einbau einer Lautsprecheranlage, Zuglichtschaltung, Türsteuerung mit Zulaufunterbrechung und Trittstufenkontakten für Fahrgastbedienung des Einstiegs von Außen und des Ausstiegs von Innen, sowie Ausrüstung mit einem Leuchttransparent „Schaffnerlos“ im Fenster neben dem Schaffnerplatz. Ausrüstung mit einer Beiwagen-Abrissleitung über Vielfachkupplungskabel und eines Bremsfeststellers.
Dezember 1967 Vorbereitung für die Verwendung mit einem Fahrscheinentwerter
Oktober 1969 Große Kastenausbesserung bei Gräf & Stift
Entfall der doppelten Zierleiste
Juni 1973 Aufgabe des Fahrgastflusses und Ausrüstung aller Türen für Fahrgastbedienung von Außen und Innen
August 1976 Ausbau des Leuchttransparentes „Schaffnerlos“ und Ersatz durch Aufkleber

Der Einsatz im Planverkehr endete im März 1986 beim Betriebsbahnhof Floridsdorf auf der Linie 32. Mit 17. April 1986 wurde die Ausmusterung aus dem Wagenpark der WStW-VB verfügt.

Anschließend gelangte er im landläufig als Versorgungsheim Lainz bekannten, „Geriatriezentrum am Wienerwald“, zur Aufstellung um den genesenden Patienten für Übungen zum Ein- und Aussteigen in Straßenbahnen zu dienen. Im Jahre 1997 bot sich die Möglichkeit den 1852 gegen den bereits vor einigen Jahren erworbenen L-Triebwagen 515, dessen Erhaltung aus mehreren Gründen nicht weiter verfolgt wurde, zu tauschen. Zuvor waren am 515 aber zahlreiche Anpassungen erforderlich, ehe er am 9. Mai 1998 nach Lainz gelangte und somit den Weg zum Erwerb des 1852 ebnete.

Die Eingliederung in die historische Fahrzeugsammlung des VEF erfolgte mit dem Abtransport aus dem Geriatriezentrum am Wienerwald am 28. Mai 1998. Da zu diesem Zeitpunkt eine Übernahme in den Bestand der historischen Betriebsfahrzeuge nicht möglich war, erfolgte vorerst die Hinterstellung im VEF-Eisenbahnmuseum Schwechat. Dies bewahrte ihn zwar vor Vandalismusschäden, doch setzte die Abstellung unter freiem Himmel dem Wagen arg zu. Als er dem Hallenneubau in Schwechat im Wege stand, musste er am 30. April 2004 nach Pottendorf-Landegg übersiedeln. Zum Schutz vor weiterer Verwitterung aber diesmal in eine Halle. Im Zuge von zähen Verhandlungen über den Platzbedarf für historische Fahrzeuge der beiden Vereine VEF und WTM war es schließlich möglich, den 1852 wieder aufs Netz der Wiener Straßenbahn zu holen. Gemeinsam mit dem L-Triebwagen 548 erfolgte von 23. auf 24. Juni 2006 die Rückholung von Pottendorf-Landegg in die Hauptwerkstätte der Wiener Linien in Simmering. Im Schlepp unseres M1-Triebwagens 4152 erreichte er in den Abendstunden des 30. Juni 2006 das damalige Domizil der VEF-Arbeitsgruppe Straßenbahn in der Remise Speising.

Die jahrelange Abstellung unter freiem Himmel hatte den Wagenkasten jedoch arg in Mitleidenschaft gezogen, was eine aufwendige Generalinstandsetzung erforderlich machte. Auf Grund des Umfanges des Gesamtprojekts, war die Überwachung des jeweiligen Arbeitsfortschrittes und der verwendeten Materialien durch eine §40-Person nach Eisenbahngesetz obligat. Die Korrosionsschutzmaßnahmen am Kastengerippe samt der Neuverblechung und Lackierung erfolgten durch eine Karosseriebaufirma, während die Verkabelung, Innenraumaufarbeitung und Komplettierung in der Remise Speising in Angriff genommen wurde. Währenddessen vollzog sich auch der Ausbau der Achsen, um diese zerstörungsfreien Materialüberprüfungen zu unterziehen und mit neuen Radreifen zu versehen. Da die Hauptwerkstätte der Wiener Linien nicht mehr über die erforderlichen Presswerkzeuge zum Aufziehen der gummigefederten Radreifen auf die Radscheiben dieser Dimension verfügte, erfolgten die Arbeiten durch das traditionsreiche Unternehmen „Bochumer Verein“. Vor dem Einbau der Achsen wurde das Untergestell noch einer gründlichen Reinigung im CO2-Strahlverfahren unterzogen und anschließend ein Korrosionsschutzlack aufgebracht.

Nach der am 29. Juni 2014 vorgenommenen Übersiedlung der Betriebsfahrzeuge für Sonderfahrten von Speising in die „Remise -Verkehrsmuseum der Wiener Linien“ im ehemaligen Betriebsbahnhof Erdberg vollzog sich die weitere Komplettierung am neuen Standort.

Christian Peschl fotografierte die Überstellfahrt Speising – Erdberg auf der Philadelphiabrücke. Aus arbeitstechnischen Gründen wurde der Wagen verkehrt, also mit seiner Türseite nach links, transportiert.

Christian Peschl fotografierte die Überstellfahrt Speising – Erdberg auf der Philadelphiabrücke. Aus arbeitstechnischen Gründen wurde der Wagen verkehrt, also mit seiner Türseite nach links, transportiert.

Die Fertigstellungsarbeiten umfassten unter anderem den Einbau der ursprünglichen Einrichtungen für den schaffnerlosen Betrieb, wie Leuchttransparent und Türselbstbedienung für Fahrgastfluss. Die vorhandene Abrisseinrichtung, mit dem nicht mehr ganz zeitgemäßen Bremsfeststeller, wurde jedoch bewusst außer Funktion gesetzt um ein ungewolltes Ansprechen auszuschließen. Da der Wagen im Sonderzugverkehr ohnedies immer mit einem Begleiter besetzt ist, der im Falle einer Zugtrennung die nötigen Handlungen setzen kann, ist dies den Sicherheitsbestimmungen nicht abträglich.

Nach einer Eigenleistung der Mitarbeiter der VEF-Arbeitsgruppe Straßenbahn von annähernd 3.400 Arbeitsstunden und dem Einsatz beträchtlicher finanzieller Mittel war es im Sommer 2015 endlich soweit und die Arbeiten gingen in die Endphase. Mit einer abschließenden Überprüfung in der Hauptwerkstätte der Wiener Linien am 16. September 2015 stand der Wiederinbetriebnahme für den Verkehr in Sonderzügen nichts mehr im Wege. Der erste Einsatz erfolgte bereits am 27. September 2015 im großen Straßenbahncorso zum Jubiläum „150 Jahre Wiener Tramway“. Gemeinsam mit unserem L4/L-Triebwagen 548 erinnerte er an die Anfänge des schaffnerlosen Betriebs bei der Wiener Straßenbahn.

Die „Jungfernfahrt“ ins zweite Leben wurde von Christian Peschl in der Schlachthausgasse dokumentiert.

Die „Jungfernfahrt“ ins zweite Leben wurde von Christian Peschl in der Schlachthausgasse dokumentiert.

Im Erscheinungsbild des Linieneinsatzes zwischen 1969 und 1973 mit den ursprünglichen Einrichtungen für schaffnerlosen Betrieb weist das Fahrzeug folgende Kenndaten auf:

Höchstgeschwindigkeit 40 km/h
Gesamtlänge 11.500 mm
Fahrzeugbreite
2.300 mm
Achsstand 3.400 mm
Eigengewicht 7.800 kg
Sitzplätze 25
Stehplätze
43

Mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 01.09.2014 wurde der Wagen unter Denkmalschutz gestellt, da er aufgrund seiner Seltenheit, Anschaulichkeit und Innovation eine besondere geschichtliche und kulturelle Bedeutung hat.

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