Die Waggonfabrik Rohrbacher baute im Jahre 1903 insgesamt 10 Sommerbeiwagen für die NWT-Neue Wiener Tramwaygesellschaft. Nach der Kommunalisierung der städtischen Verkehrsunternehmen kamen sie zur Gemeinde Wien – Städtische Straßenbahnen, die sie unter der Nummerngruppe 1941 bis 1950 mit der Typenbezeichnung u in ihren Wagenpark aufnahm. Während die damals in Verwendung stehenden Beiwagen überwiegend noch aus der Pferdebahnzeit stammten und die in den Jahren 1900 bis 1903 beschafften Typen a und a1 sich weitgehend an deren Bauformen orientierten, waren die u-Beiwagen von völlig anderem Design.
Die Wagenkästen besaßen fensterlose Seitenwände und boten 18 Sitze auf hölzernen Querbänken im Innenraum, sowie je 3 Sitze auf den offenen abgerundeten Plattformen. Als Wetterschutz verfügten sie im Sommer über herablassbare Planen und in der kalten Jahreszeit über fix eingehängte Fensterwände. Er stützte sich über Blattfedern, Achshalter und Gleitachslager direkt auf die beiden Achsen ab, die als Lenkachsen ausgebildet waren um bei einem Achsstand von 3,7 m die Kurvengängigkeit zu verbessern. Im Jahre 1909 folgte eine Lieferung weiterer 15 als Type u1 in der Nummerngruppe 1951 bis 1965 eingereihter Sommerwagen von Rohrbacher mit einigen zeitgemäßen Verbesserungen und einem kürzeren Achsstand von nur mehr 3,6 m.
Während einige u1-Beiwagen bis Anfang der Vierziger Jahre Plattformverglasungen erhielten, entgingen die u-Beiwagen gänzlich diesem Unterfangen. Der Sommerbetrieb endete mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und die Fensterelemente wurden auf Dauer fixiert.
Als der Wagenpark der Wiener Straßenbahn nach Kriegsende einer Auffrischung unterzogen werden musste, bediente man sich aus Kostengründen oftmals der Untergestelle von Fahrzeugen deren Kastensubstanz arg in Mitleidenschaft gezogen war. So fiel die Wahl auch auf 5 u-Beiwagen und 8 u1-Beiwagen die in den Jahren 1949 und 1950 von den Lohnerwerken in Wien-Floridsdorf erneuert wurden und fortan als Type u3, unter Beibehaltung ihrer ursprünglichen Nummern, Verwendung fanden.
Die Wagenkästen wurden dabei wieder in traditioneller Holzbauweise gefertigt und orientierten sich am Erscheinungsbild der k, k3, k4 und k5-Beiwagen. Sie besaßen aber nur je 7 Seitenfenster mit darüber angeordneten Oberlichtklappen und zusätzlich zwei Stabeg-Dachlüfter für die zugfreie Belüftung des Fahrgastraumes, der in seiner Form mit 22 Sitzplätzen in Längsbankanordnung recht antiquiert wirkte. Einzig die Lackierungsform verlieh ihnen ein modernes Erscheinungsbild, waren sie doch die erste Wagentype die anstatt der großen goldgelben Schattenziffern, die kleinen goldenen Klebeziffern und das neue WStW-VB-Enblem erhielt.
Die Type u3 umfasste die Wagen mit den Nummern 1941, 1943, 1945, 1948, 1950, 1954, 1957 bis 1960, 1962, 1963 und 1965 und wies folgende Kenndaten auf:
Gesamtlänge |
9.430 mm |
Fahrzeugbreite | 2.180 mm |
Achsstand | 3.600 mm |
Eigengewicht | 6.400 kg |
Sitzplätze | 22 |
Stehplätze | 36 |
Auf Grund der fehlenden Schienenbremseinrichtung ereilte mit dem Inkrafttreten der Bestimmungen der „Straßenbahnverordnung 1957“ ab dem Jahre 1961, die relativ neuen Wagen das Schicksal der Beschränkung der höchstzulässigen Geschwindigkeit auf 25 km/h.
Daher schieden zwischen 1964 und 1966 bereits alle 13 Wagen aus dem Fahrzeugpark der WStW-VB aus und gelangten zur Verschrottung ins Altlager Simmering, in dem bis 1972 die meisten ausgemusterten Straßenbahnwagen der Flammentod ereilte.
Lediglich der 1948 entging diesem Schicksal und bewahrte ihn somit der Nachwelt, weshalb sein Dasein näher beleuchtet werden soll. Am 14. Februar 1950 von den Lohnerwerken abgeliefert, versah er ab 22. Februar 1950 seinen Dienst im Betriebsbahnhof Simmering. Am 10. Jänner 1961 erfolgte die Umstationierung nach Kagran und am 13. Mai 1963 der Transfer mit sämtlichen u3 nach Vorgarten. Mit Beginn der Sommerschulferien 1963 erfolgte die Hinterstellung in Speising und später in Hernals, ein untrügliches Zeichen für das nahende Ende. Ab 13. Februar 1964 ergab sich ein kurzes Intermezzo in der Remise Vorgarten für den Einsatz auf der Linie 11, ehe er am 6. Juni 1964 wieder nach Simmering zum Ausgedinge auf die Linie 106 gelangte. Nach der Skartierung am 15. Dezember 1966 fristete er als Aufenthaltsraum für die Mitarbeiter des Schrotthändlers im Altlager Simmering sein weiteres Dasein.
Ein Sitzbankelement fiel dieser Funktion zum Opfer um Platz für die Aufstellung eines Kanonenofens zu schaffen. Nachdem er am 9. November 1970 für den VEF käuflich erworben werden konnte, erfolgte vorerst die Überstellung in die Remise Ottakring.
Außer der Erneuerung der Leinendachbespannung wurden aber keine ernstzunehmenden Erhaltungsmaßnahmen gesetzt. Ab 1979 diente er daher der VEF-Arbeitsgruppe Straßenbahn als Magazin im Betriebsbahnhof Gürtel und später in Hernals, mit der Absicht ihn auf lange Sicht einer Generalinstandsetzung zu unterziehen. Als er 1985 in den Bestand der Museumswagen übernommen wurde, zerschlug sich vorerst dieses Ansinnen und durch die gesicherte Hinterstellung im Wiener Straßenbahnmuseum schien in dieser Sache auch keine Eile geboten. Durch die in der VEF-Arbeitsgruppe Straßenbahn in den letzten Jahren erlangte Fachkompetenz in punkto Wagenrestaurierung und -rekonstruktion und die in der Remise Speising eingerichtete Werkstätteninfrastruktur war es am 12. September 2005 möglich an die Realisierung dieses Unterfangens heran zu treten, um das authentische Erscheinungsbild des u3-Beiwagens 1948 zu Beginn der 1950er-Jahre wieder herzustellen.
Nach eingehender Befundung begann sogleich die Schadensbehebung an der Wagenkastensubstanz, denn mit einer oberflächlichen Sanierung schien auf lange Sicht niemandem gedient zu sein. Einzelne Plattformsäulen bedurften der Erneuerung und auch an den Walzstahlprofilen des Untergestells mussten umfangreiche Korrosionsschutzmaßnahmen vorgenommen werden. Die arbeitsintensive Reparatur einer Plattform-Stirnwand sah auch deren Neuverblechung vor. Überdies waren noch die Erneuerung der Verkabelung der Solenoidbremse und die Instandsetzung des Bremsgestänges vorzunehmen. Die Revision der Gleitachslager bedingte den Ersatz zweier Lagerschalen und die obligate Rissprüfung der Achsen verlief Gottlob ohne Befund, sodass sich aus diesem Titel keine Hindernisse zum uneingeschränkten Betrieb als Museumswagen in den Weg stellten.
Parallel dazu schritten die Arbeiten im Fahrgastraum mit der Demontage von Beschlägen voran. Des Weiteren erfolgte der Ausbau der Fenster und Fensterrahmen, die komplett von den alten Farbschichten befreit und mit farblosem Lack neu lackiert werden mussten, um abschießend mit neuen Fensterscheiben aus Sicherheitsglas versehen zu werden. Die Naturholzteile des Fahrgastraumes und der Plattformen, sowie das Innendach waren ebenfalls zu beschleifen und die neu angefertigten Sockel der Dachlüfter zu montieren, die Verkabelung der Beleuchtung zu erneuern und der Kabelkanal mit den Abdeckungen zu verschließen. Nachdem der Anstrich des Innendaches in weißer Farbe abgeschlossen werden konnte, konzentrierten sich die weiteren Aktivitäten auf die Naturholzteile im Innenraum, die farblos lackiert wurden. Die Außentüren erfuhren in der Zwischenzeit eine komplette Aufarbeitung, die Ausrüstung mit Sicherheitsglas und eine Neulackierung in der eigenen Werkstätte.
Das bereits in den frühen 1980er-Jahren erneuerte aber nur grundierte Leinendach wurde mit der authentischen Dachfarbe gestrichen um die nötige Dichtheit zum Schutz vor eindringender Feuchtigkeit auch über die nächsten Jahrzehnte zu gewährleisten. Nach der Lackierung des Wagenkastens, vollzog sich der Einbau der instand gesetzten und mit Sicherheitsglas versehenen Fenster, sowie der Außentüren. Auch das fehlende Sitzbankelement, das dem Einbau eines Ofens während der Verwendung als Garderobe im Altlager Simmering zum Opfer fiel, wurde neu angefertigt und in Ausführung und Farbton dem Altbestand angeglichen. Sämtliche Messing- und Alubeschläge erfuhren eine Behandlung in einem Galvanikfachbetrieb, um eine oxidationsbeständigere Oberfläche zu erhalten. Die maroden Lederteile waren gänzlich neu anzufertigen, denn deren einwandfreie Funktion als Fensteröffner, Halteschlaufen und Glockenriemen stellen eine der Grundvoraussetzungen zum Einsatz als betriebsfähiges Museumsfahrzeug dar.
Zu guter letzt waren noch die Holzleisten der Plattformfußböden zu erneuern und die Bahnräumer zu montieren. Ende April 2008 war es endlich soweit und die Arbeiten, bei denen die Dokumentation der verwendeten Materialien und die Überwachung des Baufortschrittes durch eine §40 EisbG-Person obligat waren, gingen in die Endphase.
Am 27. April 2008 erfolgte hinter dem T1-Triebwagen 408 eine Lauf- und Bremsprobefahrt nach Lainz, die anstandslos absolviert wurde. Die Überprüfung durch die Messpartie der Wiener Linien vollzog sich bereits am 30. April 2008 im Betriebsbahnhof Rudolfsheim. Nach einem Arbeitsaufwand von 1907 unentgeltlich geleisteten Arbeitsstunden des harten Kerns der Mitarbeiter der VEF-Arbeitsgruppe Straßenbahn, erfolgte in der ersten Mai-Woche die Überführung ins Wiener Straßenbahnmuseum. Am 9. Mai 2008 fand, anlässlich des Abschieds der Linie 21, bereits der erste öffentliche Einsatz statt. Nunmehr bereichert er, als Vertreter der Fahrzeuge der unmittelbaren Nachkriegszeit, die Ausstellung der Remise – Verkehrsmuseum der Wiener Linien.
Mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 01.09.2014 wurde der Wagen als technisches Denkmal unter Denkmalschutz gestellt, da er aufgrund seiner Seltenheit, Anschaulichkeit und Innovation eine besondere geschichtliche und kulturelle Bedeutung hat.
Der u3-Beiwagen 1948 steht als Ausstellungsstück in der Remise – Verkehrsmuseum der Wiener Linien.