Die Republik Österreich feiert 50 Jahre Staatsvertrag -
und die VEF-Arbeitsgruppe Straßenbahn ist mitten drinnen

Sonderzüge – 50 Jahre Staatsvertrag!

"Österreich ist frei!" Mit diesen ergreifenden Worten verkündete Außenminister Leopold Figl am 15. Mai 1955 im großen Marmorsaal des Schlosses Belvedere die Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrages. Zum Schlussakt langwieriger Verhandlungen waren die Außenminister der vier Siegerstaaten Wjatscheslav Molotov (UdSSR), John Foster Dulles (USA), Harold Macmillan (Großbritannien) und Antoine Pinay (Frankreich) nach Wien gekommen, um dem seit Ende des 2. Weltkrieges vierfach besetzten Österreich nach immerhin 10 Jahren die volle Unabhängigkeit wieder zu geben. Wie einzigartig dieser Vertrag damals war und auch heute noch ist braucht man sich in der Welt nur umzuschauen. Mit ihm wurde nicht ein schon lange bestehender Zustand vertraglich fixiert, sondern Einflusssphären aufgegeben und ein Gebiet von Truppen geräumt. Mit Inkrafttreten des Staatsvertrages erloschen alle Befugnisse des Alliierten Rates als höchste Autorität im Lande, die dieser seit 1945 in Österreich ausübte. Er trat am 27. Juli 1955 an seinem Sitz im Haus der Industrie am damals noch Stalinplatz genannten oberen Teil des Schwarzenbergplatzes, zu seiner letzten Sitzung zusammen und fasste den Beschluss zu seiner Auflösung. Bereits am 19. September 1955 wurde im Bahnhof Bruck a/d Leitha der letzte Truppentransport russischer Besatzungssoldaten in Richtung Ungarn abgefertigt. Am 26. Oktober 1955 beschloss der Österreichische Nationalrat das Bundesverfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität Österreichs. Nach Anschluss, Krieg und Besatzungszeit war ein dornenvoller Weg Österreichs zu seiner vollen Souveränität nun zu Ende. - Soviel zur Zeitgeschichte, doch nun zu unserer Rolle:

Den 50. Jahrestag der Staatsvertragsunterzeichnung feierte die 2. Republik nicht nur mit einem Staatsakt, sondern auch mit einem großen Fest im Schloss Belvedere. Knapp zehntausend Menschen, darunter auch viele aus den Bundesländern mit Sonderzügen angereiste sowie etliche Wien-Touristen, waren gekommen um sich das große Spektakel nicht entgehen zu lassen. Als standesgemäßes Transportmittel von etwa 160 Ehrengästen, die dem Festakt im Oberen Belvedere beiwohnten, zum Haus der Industrie, wo der Herr Bundskanzler zu einem Mittagessen eingeladen hatte, schien Hr. MR Mag. Kraut vom Bundeskanzleramt der Einsatz historischer Straßenbahnzüge eher angebracht als eine lange Autokolonne. Was würde sich in diesem Fall besser eignen als unsere mustergültig restaurierten Garnituren um den Fahrgästen das Flair vergangener Jahrzehnte zu vermitteln. Noch dazu eine gute Gelegenheit uns einer breiten Öffentlichkeit präsentieren zu können und den Status historischer Schienenverkehrsmittel als wertvolles Kulturgut zu festigen.

Dienstag, 10. Mai 2005, 10.30 Uhr in der „Hütte" (Bestellbüro von Rent a Bim) in der Remise Speising überschlagen sich die Ereignisse. Anruf vom Bundeskanzleramt, E-Mail von den Wiener Linien. Zwar sind einige Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Straßenbahn seit mehr als 20 Jahren im Sonderzugsgeschäft tätig, aber mit der Abwicklung einer derart hochrangigen Fahrt waren wir bislang noch nicht beauftragt worden. Mit großem Engagement und in gewohnter Perfektion werden die Vorbereitungen für die Staatsvertragszüge von Johannes Hofer in Angriff genommen. Erste telefonische Vorgespräche mit Hr. Ing. Hasil von den Wiener Linien und mit der Bundespolizeidirektion Wien. Diensteinteilung für den Sonntag.

Donnerstag 12. Mai 2005, 10.00 Uhr interministerielle Besprechung im Bundeskanzleramt mit Vertretern der Präsidentschaftskanzlei, des Bundesministeriums für Äußeres, der Bundespolizeidirektion Wien, Betriebslenkung der Wiener Linien Hr. Köck und Hr. Johannes Hofer von der VEF-Arbeitsgruppe Straßenbahn, die für den Transfer der Ehrengäste verantwortlich zeichnete. Danach Ortsbesichtigung am Schwarzenbergplatz und in der Prinz-Eugen-Straße. 

Samstag, 14. Mai 2005 Vorbereitung und Generalreinigung der vorgesehenen Garnituren.

Am Sonntag, 15. Mai 2005 rückten drei M-Zweiwagenzüge besteckt mit rot-weiß-roten Fähnchen von unserem Domizil im Bahnhof Speising aus, um in der Schleife Südbahnhof Aufstellung zu nehmen.

Hier erfolgte auch die aus Sicherheitsgründen bei Staatsakten vorgesehene Durchsuchung der Fahrzeuge durch die Staatspolizei, wobei auch ein Sprengstoffspürhund unsere Wagen beschnupperte. Pünktlich um 12.15 Uhr - wie im Protokoll vorgesehen - fuhren die Züge in die für den restlichen Verkehr gesperrte Prinz-Eugen-Straße ein und nahmen vor dem Seiteneingang des Oberen Belvedere Aufstellung. Zahlreiche Schaulustige umringten die Straßenbahnzüge und die Polizei konnte nur einen schmalen Weg im Spalier des Publikums für die Ehrengäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur zum Einsteigen in die Tramway freihalten. Die Fahrt gestaltete sich für das Zugpersonal ungewöhnlich. Wie schon erwähnt war die Prinz-Eugen-Straße für den Verkehr gesperrt, am Schwarzenbergplatz alle Ampeln für die Oldtimer-Straßenbahnzüge von Verkehrspolizisten auf Grün gestellt. So konnten wir die ohnehin sehr kurze Strecke vom Oberen Belvedere zum Schwarzenbergplatz ohne Aufenthalt durchfahren. Selbstverständlich war auch der Bereich vor dem Haus der Industrie, wo die Ehrengäste die Straßenbahngarnituren wieder verließen, für den Verkehr gesperrt.

Die VEF-Arbeitsgruppe Straßenbahn konnte mit dem souverän durchgeführten Transfer ihren Teil für das Staatsvertragsjubiläum beitragen.

      Stapel der Züge in der Prinz-Eugen- Straße
M 4023 + m3 5419, M 4149 + m3 5400, M1 4152 + m3 5235 warten auf das Eintreffen der Fahrgäste.
 
Dr. Hannes Androsch mit dem Fahrer des ersten Zuges Hofrat Dr. Kurt Jandesek auf der Plattform des Triebwagens M 4023
 
Polizeipräsident Dr. Peter Stiedl mit Sicherheitschef Mag. Erik Buxbaum, in Hintergrund Kurierchef Peter Rabl haben im Wagen M 4023 Platz genommen.
 
Generalmajor Mag. Christian Ségur-Cabanac mit dem Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums Manfried Rauchensteiner im Triebwagen M 4149
 
Dr. Paul Lendvay mit Dr. Martha Kyrle und Generalmajor Mag. Gregor Keller im Triebwagen M 4149
 
Die steirische Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic, Innenministerin Liese Prokop, Ex Nationalbankpräsidentin Dkfm. Dr. Maria Schaumayer entsteigen am Schwarzenbergplatz dem Triebwagen M 4023.
 
ÖVP-Klubchef Mag. Wilhelm Molterer im lockeren Gespräch mit unserem Mitarbeiter Johannes Hofer über die in diesem Wagen angebrachte Werbung der sozialistischen Arbeiterzeitung.
 
Eintreffen des 3.Sonderzuges M1 4152 + m3 5235 am Schwarzenbergplatz
Im Hintergrund das Russendenkmal, zur Erinnerung der Befreiung Wiens durch die Rote Armee in den Apriltagen des Jahres 1945, zu dessen Erhaltung die Republik Österreich im Staatsvertrag verpflichtet wurde.
 
Bruno Aigner, Dr. Alois Mock, Generalmajor Mag. Karl Semlitsch verlassen die Straßenbahn in Richtung Haus der Industrie.
 

Text: Martin Mannsbart / Ing. Harald Baminger
Fotos: Peter Mattersdorfer


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